EU-Regelungen praxisgerecht gestalten – frühzeitig handeln statt nachbessern
03.12.2025
Im Dezember reiste der Beauftragte für Bürokratieabbau nach Brüssel, um zentrale Anliegen aus Praxis, Wirtschaft und Verwaltung direkt auf europäischer Ebene zu platzieren. Dabei wurde einmal mehr deutlich: Gute europäische Zielsetzungen dürfen nicht durch übermäßige Bürokratie und unrealistische Vorgaben konterkariert werden.
Intensiver Austausch mit den Spiegelreferenten der Bayerischen Vertretung
In einer konstruktiven Gesprächsrunde mit den Spiegelreferenten der Bayerischen Vertretung stand der effiziente Informationsfluss zwischen europäischer Ebene und nationaler Umsetzung im Fokus. Es zeigte sich, wie essenziell es ist, europäische Initiativen frühzeitig zu erkennen, fundiert zu bewerten und Rückmeldungen aus der Praxis zügig nach Brüssel zu übermitteln – noch bevor Regelungen verbindlich werden.
Im Zuge dessen wurde ein bayerisches Muster entwickelt, das transparent aufzeigt, in welchem Stadium sich der Gesetzgebungsprozess befindet. „Ihre Arbeit in der Vertretung ist von großer Bedeutung für die vorausschauende Handlungsfähigkeit der bayerischen Staatsregierung“, würdigte Nussel das Engagement der Referenten.
EU-Vergaberecht: Mehr Praxisnähe statt Überforderung
Ein weiterer Schwerpunkt war der Dialog mit MdEP Christian Doleschal zum EU- Vergaberecht. Insbesondere Kommunen und kleinere öffentliche Auftraggeber sind zunehmend durch die Komplexität und den administrativen Aufwand der EU-Vergabevorschriften belastet.
Eine Anhebung der EU-Schwellenwerte ist derzeit nur begrenzt möglich, da die EU an internationale Verpflichtungen gebunden ist, insbesondere an das Government Procurement Agreement der Welthandelsorganisation (WHO). Eine einseitige Abweichung würde Transparenz und Marktzugang im Binnenmarkt gefährden und ist rechtlich kaum realisierbar.
Umso wichtiger ist es, frühzeitig und aktiv Einfluss auf die Überarbeitung der EU-Vergaberichtlinien zu nehmen. Ziel muss es sein, Verfahren einfacher, schneller und rechtssicher zu gestalten und dabei die tatsächlichen Kapazitäten von Kommunen und kleinen Auftraggebern realistisch zu berücksichtigen. Diese Position wurde in Brüssel ausdrücklich bekräftigt.
Erfolg bei Fahrtenschreibern für Wohnmobile über 7,5 Tonnen
Ein besonderer Erfolg war das Gespräch mit Jean-Louis Colson von der Generaldirektion Verkehr zur Fahrtenschreiberpflicht für Wohnmobile über 7,5 Tonnen. Die bisherige Regelung hätte Handwerksbetriebe, Unternehmen und Fahrzeughalter unverhältnismäßig belastet.
Die EU-Kommission hat am 16. Dezember im Rahmen des „Automotive-Omnibus“ eine Ausnahme von der Fahrtenschreiberpflicht für diese Wohnmobile vorgeschlagen. Der Verordnungsvorschlag muss noch vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden. Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens muss das Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) seine Bestimmungen entsprechend anpassen.
Der Beauftragte wird den weiteren Gesetzgebungsprozess eng begleiten, um zügig Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen zu gewährleisten. Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll: Frühzeitiges Eingreifen wirkt – Bürokratieabbau gelingt, wenn Probleme benannt werden, bevor sie in der Praxis eskalieren.
Gespräch zur WVO: „Wir müssen vor die Lage kommen“
Im Austausch mit Michael Hager, Kabinettschef von Valdis Dombrovskis, wurde erneut deutlich, dass viele Belastungen nicht aus den Zielen der Regelungen selbst entstehen, sondern aus deren konkreter Ausgestaltung.
Nussel brachte es auf den Punkt: „Europa muss vor die Lage kommen.“ Das bedeutet, mögliche Auswirkungen auf Praxis, Wirtschaft und Verwaltung bereits im Gesetzgebungsprozess realistisch zu prüfen – und nicht erst zu reagieren, wenn Frust, Unsicherheit und Mehraufwand vor Ort entstanden sind.
Diese Haltung entspricht auch den Forderungen, die der Beauftragte bereits an Präsidentin von der Leyen gerichtet hat: weniger Gold-Plating, mehr Praxis-Checks nach bayerischem Vorbild und mehr Vertrauen in die Eigenverantwortung.
Abschluss im adventlichen Rahmen
Den Abschluss der Reise bildete ein „Abend im Advent“, der in diesem Jahr von der Stadt Lindau ausgerichtet wurde und Gelegenheit für persönlichen Austausch in entspannter Atmosphäre bot. Ein Beleg dafür, wie wertvoll der direkte Dialog jenseits formeller Termine ist.
Fazit
Die Brüssel-Reise hat gezeigt: Bürokratieabbau beginnt mit besserer Rechtsetzung von Anfang an – nicht erst mit dem Abbau bestehender Regeln. Mit den gewonnenen Kontakten und konkreten Erfolgen wird der Beauftragte diese Arbeit konsequent fortsetzen – mit dem Ziel, mehr Raum für Engagement, Mitgestaltung und unternehmerische Initiative zu schaffen.

