Lebensmittelhygienerecht
Merkblattreihe Direktvermarktung Bayern
1. Lebensmittelunternehmer
Der Gesetzgeber fordert von allen Lebensmittelunternehmern weitreichende Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher. Die ausgegebenen Speisen müssen von hygienisch einwandfreier Qualität sein. Die größten Gefahren beim Umgang mit Lebensmitteln liegen im nicht Einhalten von Temperaturanforderungen, beim Schädlingsbefall und bei Mängeln in der persönlichen Hygiene.
Deshalb müssen Direktvermarkter die geltenden Hygienevorgaben beachten. Sowohl für die Herstellung als auch für die Verteilung der Speisen muss das Personal entsprechende Qualifikationen aufweisen.
2. Europäische Vorschriften zur Lebensmittelhygiene
Alle, die Lebensmittel erzeugen, behandeln oder in Umlauf bringen, müssen die Regeln des sogenannten „Hygienepakets“ beachten, das EU-Verordnungen rund um Hygiene bündelt. Diese rechtlichen Vorgaben sind auch in Deutschland direkt wirksam.
Wichtig ist: Es darf kein gesundheitlich bedenkliches – und damit unsicheres – Lebensmittel in Verkehr gebracht werden. Ein Lebensmittel gilt als unsicher, wenn es gesundheitsschädlich oder für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist. Dazu zählt zum Beispiel, dass Lebensmittel nicht verdorben, frei von Kontaminationen und hygienisch einwandfrei verarbeitet sein müssen.
Jeder Betrieb ist für die Sicherheit der von ihm abgegebenen Produkte selbst verantwortlich und muss sicherstellen, dass seine Produkte für den Verzehr geeignet sind und die Verfahren den lebensmittelrechtlichen Anforderungen entsprechen. Der Betrieb ist verpflichtet, Risiken zu verhindern, zu verringern oder zu beseitigen, soweit dies möglich ist.
Außerdem muss die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln, Futtermitteln und allen damit verbundenen Stoffen gewährleistet sein. Der Unternehmer muss die Herkunft und die Abgabe seiner Produkte dokumentieren und auf Verlangen der zuständigen Behörde bereitstellen.
Stellt ein Lebensmittelunternehmer fest oder vermutet er, dass ein von ihm in Verkehr gebrachtes Lebensmittel nicht den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit entspricht, muss er unverzüglich geeignete Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören insbesondere die Rücknahme des Lebensmittels sowie die Unterrichtung der zuständigen Behörde.
Die dargestellten allgemeinen Grundsätze sind in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 („Basisverordnung“) festgelegt. Sie bilden das Fundament des europäischen Lebensmittelrechts und gelten für alle, die Lebensmittel erzeugen, verarbeiten oder vermarkten.
Für Betriebe, die Lebensmittel unmittelbar erzeugen, also zum Beispiel Gemüse anbauen, Obst ernten oder Tiere halten, gelten darüber hinaus besondere Anforderungen an die Hygiene in der Urproduktion (Anhang I der VO (EG) Nr. 852/2004). Diese Pflichten dienen dem Schutz vor Kontaminationen und gelten unabhängig davon, ob die Produkte später weiterverarbeitet oder direkt vermarktet werden.
3. Ergänzende nationale Vorgaben
Zusätzlich zum europäischen Hygienerecht gelten in Deutschland nationale Vorschriften, die für Direktvermarkter relevant sind. Dazu zählen die Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) und die Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung (Tier-LMHV).
Die LMHV schreibt vor, dass Lebensmittel stets so verarbeitet und abgegeben werden müssen, dass keine Gesundheitsgefahren entstehen. Dazu gehören insbesondere saubere Räume, hygienische Arbeitsbedingungen und geeignete Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung.
Personen, die leicht verderbliche Lebensmittel wie Rohmilch, Frischfleisch oder zubereitete Speisen herstellen oder abgeben, müssen über ausreichende Kenntnisse in Lebensmittelhygiene verfügen. Diese Kenntnisse sollen durch eine entsprechende Schulung vermittelt worden sein und müssen auf Verlangen der zuständigen Behörde nachgewiesen werden können. Diese Schulungspflicht gilt nicht, wenn ausschließlich Primärerzeugnisse in kleinen Mengen abgegeben werden.
Die Tier-LMHV enthält ergänzende Hygieneanforderungen für den Umgang mit tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Milch, Eiern und Fisch. Sie legt fest, welche Anforderungen an die Hygiene, an das Personal, an Räumlichkeiten, Kühlung und Verpackung bei der Abgabe tierischer Lebensmittel einzuhalten sind. Sie definiert außerdem, unter welchen Voraussetzungen kleine Mengen direkt an Endverbraucher oder an örtlich tätige Einzelhandelsbetriebe abgegeben werden dürfen. Dabei sind stets grundlegende Hygienestandards sicherzustellen, insbesondere eine durchgehende Kühlkette, saubere Verarbeitung und geeignete Lagerung.
Das Infektionsschutz Gesetz (IfSG) schreibt vor, dass Personen, die gewerbsmäßig besonders empfindliche Lebensmittel wie Fleisch, Milch, Fisch, Eis herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen, eine Belehrung gemäß § 43 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vor der erstmaligen Ausübung einer Tätigkeit im Lebensmittelbereich benötigen, die das Gesundheitsamt bescheinigt. Die Mitarbeiter müssen dann alle zwei Jahre über ausgewählte Bestimmungen zur Hygiene, die das Infektionsschutzgesetze benennt, belehrt werden und die Teilnahme an der Belehrung muss dokumentiert werden.
4. Personalhygiene
Als Arbeitskleidung ist saubere und leicht zu reinigende, private Oberbekleidung, die nach Bedarf durch Schürze oder Kittel überdeckt wird, akzeptabel. Schutzschürzen müssen in der Regel täglich gereinigt werden. Vor dem Betreten der Küche ist die Straßen- oder Stallkleidung abzulegen.
Die Fingernägel sind sauber und kurz nicht lackiert zu halten.
Schmuck (auch Eheringe) und Armbanduhren müssen vor Arbeitsbeginn ablegt werden.
Verletzungen sind sofort zu versorgen und mit wasserdichten Verbänden abzudecken, bei Verletzungen im Handbereich müssen Fingerlinge bzw. Einmalhandschuhe getragen werden.
Auf Handhygiene ist zu achten und vor Arbeitsbeginn, nach dem Toilettengang, nach Pausen, nach Abschluss einzelner Arbeitsprozesse, nach dem Niesen oder Naseputzen etc. sind die Hände gründlich zu waschen und eventuell zu desinfizieren.
Haarpflege nicht vergessen: lange Haare zusammenbinden und Kopfbedeckung tragen, wenn nötig.
In den Produktions- und Lagerräumen darf nicht geraucht, gegessen und getrunken werden.
Gemäß IfSG gilt ein Beschäftigungsverbot für Personen, die an bestimmten übertragbaren Krankheiten leiden oder durch Vorliegen bestimmter Krankheitserscheinungen der Verdacht besteht, dass durch den Kontakt Krankheitserreger in Lebensmittel gelangen und damit auf Menschen übertragen werden können.
5. Betriebshygiene
Eine gute Betriebshygiene ist die Basis für einwandfreie Arbeits- und Prozessabläufe. Eine gute Betriebshygiene ist zu erreichen, wenn reine und unreine Arbeitsschritte möglichst räumliche getrennt werden. Folgende Anforderungen sind dabei besonders wichtig:
Räume und Ausstattung müssen sauber, gut belüftet, beleuchtet und leicht zu reinigen sein.
Arbeitsflächen und Geräte müssen glatt, abwaschbar und lebensmitteltauglich sein.
Handwaschbecken mit Warmwasser, Seife und Einmalhandtüchern müssen vorhanden sein.
Reinigungs- und Desinfektionsmittel dürfen nicht im Lebensmittelbereich gelagert werden.
Abfälle sind regelmäßig zu entfernen und sicher zu lagern.
Wasser, das mit Lebensmitteln in Kontakt kommt, muss Trinkwasserqualität haben.
Eis und Dampf, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, müssen hygienisch einwandfrei sein.
Kühlkette ist einzuhalten; Temperaturkontrollen müssen möglich sein.
Verpackungsmaterial darf keine Gefahr für Lebensmittel darstellen und muss sauber gelagert werden.
Schädlingsschutz ist sicherzustellen – z. B. durch Fliegengitter oder bauliche Trennung.
Eigenkontrollen wie Reinigungspläne oder Temperaturprotokolle sollten dokumentiert werden.
Für bestimmte Lebensmittel wie Fleisch, Milch, Eier oder Fisch gelten zusätzliche Vorschriften. gemäß der VO (EG) Nr. 853/2004 geregelt. Die folgenden Punkte nennen exemplarisch einige der wichtigsten Anforderungen:
Bei Fleisch gelten besondere Anforderungen an Schlachtung, Zerlegung, Lagerung und Kühlung. Solche Tätigkeiten dürfen grundsätzlich nur in Betrieben erfolgen, die entsprechend ausgestattet sind und eine behördliche Zulassung erhalten haben.
Für Milch sind Vorschriften zur hygienischen Gewinnung, Lagerung, Kühlung und Abgabe festgelegt. Rohmilch darf nur unter hygienisch einwandfreien Bedingungen und in gekühltem Zustand an Verbraucher abgegeben werden.
Eier müssen sauber, unverletzt und sachgerecht gelagert werden.
Fischereierzeugnisse müssen durchgängig gekühlt und getrennt von anderen Lebensmitteln verarbeitet und gelagert werden. Der Kontakt mit Abwasser, unsauberen Flächen oder Verpackungsmaterialien ist zu vermeiden.
Dokumentation, insbesondere für Betriebe, die der Zulassung unterliegen.
Welche Vorschriften gelten und, ob eine Zulassung erforderlich ist, hängt von Art der Lebensmittel, Menge und Vertriebsweg ab. Die Lebensmittelüberwachung der Landratsämter oder kreisfreien Städte gibt hierzu Auskunft.
Praktische Erläuterungen und Checklisten zur Umsetzung der Hygieneanforderungen in der Direktvermarktung bietet die Hygieneleitlinie des Deutschen Bauernverbands und der Fördergemeinschaft „Einkaufen auf dem Bauernhof“.
Weitere Hilfen stellt auch das Qualitätssicherungssystem GQS Bayern bereit.
6. Registrierung und Zulassung von Betrieben
Betriebe, die Lebensmittel erzeugen oder verarbeiten, müssen sich bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde (Abteilung Veterinärwesen) registrieren lassen.
In bestimmten Fällen, etwa bei der Herstellung von Produkten aus tierischen Lebensmitteln wie Fleisch oder Milch, ist zusätzlich eine Zulassung durch die Regierung erforderlich.
Die Registrierung kann über ein Online-Verfahren erfolgen.
Das Handbuch Zulassung ist unter folgendem Link abrufbar.
7. Kontrolle durch die Behörden
Die Einhaltung der Hygienevorgaben wird regelmäßig durch die zuständigen Lebensmittelüberwachung der Landratsämter oder kreisfreien Städte kontrolliert.
Bei den Kontrollen stehen u. a. folgende Punkte im Fokus:
Sauberkeit der Betriebsräume und Ausstattung,
Einhaltung der Kühlkette,
Schulung und Hygiene des Personals sowie
Dokumentation von Eigenkontrollen (z. B. Reinigungspläne, Temperaturprotokolle).
Verordnung (EG) Nr. 178/2002 – Basisverordnung über Lebensmittelsicherheit
Verordnung (EG) Nr. 852/2004 – über Lebensmittelhygiene
Verordnung (EG) Nr. 853/2004 – über spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs
Verordnung (EU) Nr. 2017/625 – Kontrollverordnung
Verordnung (EU) 2023/915 – über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (Kontaminanten-Verordnung)
Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV)
Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung (Tier-LMHV)
Die Informationen in diesem Merkblatt erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für eine individuelle Bewertung wird empfohlen, frühzeitig Kontakt mit der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde aufzunehmen.
Dieses Merkblatt ist Teil der Reihe zur Direktvermarktung, die in Abstimmung mit den jeweils zuständigen Ministerien der Bayerischen Staatsregierung erstellt und regelmäßig aktualisiert wird.

