Vermarktungsprodukt Getreide und Getreideerzeugnisse
Merkblattreihe Direktvermarktung Bayern
1. Lebensmittelhygiene
Wer Getreide und Getreideerzeugnisse vermarktet, muss als Lebensmittelunternehmer die allgemeinen Anforderungen an die Hygiene beachten. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Verpflichtung zum sorgsamen Umgang mit Lebensmitteln gemäß den Anforderungen der VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene, insb. zur Vermeidung einer nachteiligen Beeinflussung (§ 3 Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV)).
Das Merkblatt Lebensmittelhygiene enthält die wesentlichen Informationen dazu.
Beim Verkauf von Brot und Backwaren ist darauf zu achten, dass die Ware vor Tröpfchen und Aerosolen der Kunden geschützt ist und der Kunde nur die Produkte berührt, die gekauft werden.
Bei der Getreidereinigung sind branchenübliche Verfahren (Sieben, Windsichten, Farbauslesung, Polieren etc.) anzuwenden, damit sichtbare Verunreinigungen soweit möglich entfernt werden. Die Rückstände von Fremdsamen, Steinchen oder anderen festen Bestandteilen müssen so gering gehalten werden, dass sie die Gebrauchstauglichkeit und Sicherheit des Produkts nicht beeinträchtigen. Auch sind die Höchstgehalte für Mykotoxine, insbesondere Ergotalkaloide aus Mutterkorn, sowie für Schwermetalle und andere Kontaminanten zu beachten.
2. Kennzeichnung von Backwaren, Mehlen und Schroten
Bei Brot und Backwaren kommt es nicht nur auf den guten Geschmack an. Für vorverpacktes Getreide, Mehl und Backwaren sind die allgemeinen Kennzeichnungsbestimmungen, insbesondere die Vorschriften der VO (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinformations-VO) als auch der Lebensinformations-Durchführungsverordnung (LMIDV), zu beachten.
Mehr Informationen zu diesen Anforderungen sind im Merkblatt Lebensmittelkennzeichnung zu finden.
Für den direkten Verkauf von Getreide an Verbraucher, sei es ab Hof oder auf dem Markt, bestehen keine gesetzlichen Regelungen über Standards oder Handelsklassen. Die verkehrsüblichen Bezeichnungen für Mehl und Schrot aus Weizen, Dinkel und Roggen ergeben sich aus der DIN-Norm 10355; neben der Bezeichnung ist auch die Angabe der in der DIN 10355 genannten Type üblich, zum Beispiel „Weizenmehl Type 405″, „Roggenmehl Type 997“, „Dinkelmehl Type 630“, „Weizenbackschrot Type 1700“ oder beispielsweise eine Beschreibung des Verwendungszwecks (zum Beispiel „Spätzlemehl“). Vollkornmehle und -schrote enthalten sämtliche Bestandteile des vollen Korns, einschließlich Keimling, deshalb erfolgt hier keine Typenangabe.
Nicht vorverpacktes Brot wird nach Gewicht verkauft. Nach der Fertigpackungsverordnung ist sicherzustellen, dass bei Brot ohne Vorverpackung die Nettofüllmenge angegeben ist. Das Gewicht ist leicht erkennbar und deutlich lesbar auf dem Brot oder durch ein Schild auf oder neben dem Brot anzugeben. Lose verkauftes Kleingebäck (< 250 g) ist von der Gewichtskennzeichnung ausgenommen.
Für nicht vorverpackte Lebensmittel bestehen gewisse Kennzeichnungserleichterungen. Ein Zutatenverzeichnis direkt am Produkt ist bei unverpackten Broten und Backwaren nicht verpflichtend.
Eine Allergenkennzeichnung der 14 Hauptallergene ist jedoch grundsätzlich vorgeschrieben. Bei Verwendung von Erzeugnissen aus „Dinkel“, „Durum“, „Einkorn“, „Emmer“ oder „Khorasan“ ist bei der Allergenkennzeichnung zu beachten, dass eine eindeutige Bezugnahme auf die Getreideart „Weizen“ anzugeben ist (z.B. enthält Dinkelmehl, eine Weizenart). Die Information über Allergene kann auf einem Schild auf dem Lebensmittel oder in der Nähe des Lebensmittels, auf Speisekarten oder Preisverzeichnissen, durch einen Aushang in der Verkaufsstätte oder durch sonstige schriftliche oder elektronische, unmittelbar und leicht zugängliche Informationsangebote erfolgen.
Alternativ kann die Allergeninformation auch mündlich erfolgen. Voraussetzung hierfür ist, dass eine schriftliche oder elektronische Aufzeichnung über die verwendeten Allergene vorliegt, diese auf Nachfrage unmittelbar und leicht zugänglich ist und die Angaben über verwendete Allergene auf Nachfrage vor Kaufabschluss und Übergabe des Lebensmittels mitgeteilt werden. Bei den losen Backwaren oder in einem Aushang in der Verkaufsstätte ist auf die schriftliche bzw. elektronische Aufzeichnung hinzuweisen. Das Personal ist entsprechend zu schulen, damit es jederzeit eine korrekte und umfassende Auskunft geben kann.
In rohen Getreidemehlen, Backmischungen und Teigen können krankheitserregende Keime wie STEC (Shigatoxin-bildende E. coli) vorkommen, die zu schweren Darmerkrankungen führen können, wenn diese Lebensmittel nicht richtig erhitzt werden. Diese Bakterien können beispielsweise durch Kontakt mit kontaminiertem Wasser oder Erde auf Lebensmittel gelangen. Deshalb sollte ein Sicherheitshinweis im Sinne von Art. 14 Abs. 3 VO (EG) Nr. 178/2002 (Basis-Verordnung) angebracht werden. Ein Sicherheitshinweis auf Mehlen, Schroten, rohen Teigmischungen könnte lauten: „Getreidemehle, Backmischungen und Teige sind nicht zum Rohverzehr bestimmt und müssen stets gut durcherhitzt werden“.
3. Leitsätze für Brot und Backwaren
Die verkehrsüblichen Bezeichnungen für Brote und andere Backwaren ergeben sich aus den „Leitsätzen für Brot und Kleingebäck“ und den „Leitsätzen für Feine Backwaren“.
Die Leitsätze bieten eine wichtige Orientierung bei der Herstellung, Definition und Vermarktung von Backwaren. Verkehrsbezeichnungen für Brote sind dementsprechend zum Beispiel „Weizenmischbrot“, „Weißbrot“, „Roggenbrot“ oder „Roggenmischbrot“.
Holzofenbrot, Bauernbrot, Landbrot und Steinofenbrot sind keine ausreichenden Bezeichnungen, sondern weitere Bezeichnungen, die bei vorverpackten Broten durch eine Bezeichnung im Sinne der Leitsätze ergänzt werden müssen (zum Beispiel Weizenmischbrot). Herstellungsanforderungen für derartige Brote sind ebenfalls in den Leitsätzen für Brot und Kleingebäck genannt.
4. Handwerksordnung
Wer als Selbstständiger gewerblich ein zulassungspflichtiges Handwerk nach der Anlage A zur Handwerksordnung wie beispielsweise Bäcker oder Konditor betreiben möchte, muss grundsätzlich in die Handwerksrolle eingetragen werden. In die Handwerksrolle wird eingetragen, wer in dem von ihm zu betreibenden oder in einem mit diesem verwandten zulassungspflichtigen Handwerk die Meisterprüfung bestanden hat (§ 7 Abs. 1a HwO).
Wird die Tätigkeit jedoch in einem handwerklichen Nebenbetrieb „in unerheblichem Umfang“ gemäß § 3 der Handwerksordnung ausgeübt, ist keine Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich.
Voraussetzungen für den handwerklichen Nebenbetrieb sind u.a., dass:
die Tätigkeit des Hauptbetriebes (des landwirtschaftlichen Betriebs) die Tätigkeit des handwerklichen Nebenbetriebes überwiegt und
ein wirtschaftlicher und fachlicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenbetrieb besteht.
Voraussetzung für die Unerheblichkeit ist, dass die durchschnittliche Tätigkeit während eines Jahres nicht die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte in Vollzeit arbeitenden Ein-Mann-Betriebs (ca. 1.664 h/a) übersteigt.
Sind die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist ein Meistertitel im Konditor- bzw. Bäckerhandwerk erforderlich. Kann der Direktvermarkter selbst keinen entsprechenden Meistertitel vorweisen, kann er auch einen Handwerksmeister als technischen Betriebsleiter anstellen, der die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt.
Darüber hinaus gibt es in Ausnahmefällen die Möglichkeit, bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine Bewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle (Ausnahmebewilligung) zu beantragen (§ 8 HwO). Dafür sind allerdings vom Antragsteller notwendige Kenntnisse und Fertigkeiten für das zu betreibende zulassungspflichtige Handwerk nachzuweisen.
Achtung: Auch für zulassungsfreie Handwerke und handwerksähnliche Gewerbe nach Anlage B zur Handwerksordnung existieren jedoch gesetzliche Vorgaben wie etwa die Anzeigepflicht gegenüber der Handwerkskammer. Weitere Auskünfte und Informationen erteilen die für Sie zuständigen Handwerkskammern.
5. Registrierung von Lebensmittelbetrieben und gewerberechtliche Pflichten
Alle Betriebe, die Lebensmittel produzieren, verarbeiten oder vertreiben sind nach EU-Recht verpflichtet, sich registrieren zu lassen und wesentliche Änderungen zu melden. Die Registrierung kann über ein Online-Verfahren erfolgen.
Die Herstellung und der Verkauf von Brot und Backwaren kann gewerberechtlich grundsätzlich noch der Urproduktion zugerechnet werden, wenn die über den Eigenverbrauch hinausgehende Mehrproduktion gering ist und lediglich einer besseren Ausnutzung der Arbeitskraft und der Produktionsstätte dient.
Eine Anzeigepflicht nach der Gewerbeordnung besteht aber dann, wenn Brot und Backwaren in nicht unerheblichem Umfang an Endverbraucher verkauft werden oder wenn sie über ein besonderes offenes Ladengeschäft abgesetzt werden.
VO (EU) Nr. 1169/2011 Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV)
Lebensinformations-Durchführungsverordnung (LMIDV)
VO (EG) Nr. 178/2002 (Basis-Verordnung)
VO (EG) 1333/2008 über Lebensmittelzusatzstoffe
Verordnung zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften über Lebensmittelzusatzstoffe (LMZDV)
VO(EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene
VO (EU) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel
DIN 10355: 2017-11 „Mahlerzeugnisse aus Getreide – Anforderungen, Typen und Prüfung
Die bereitgestellten Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird empfohlen, sich für eine betriebsindividuelle Beratung direkt an die zuständigen Behörden vor Ort zu wenden.
Die Merkblattreihe Direktvermarktung wird in Abstimmung mit den jeweils zuständigen Ministerien der Bayerischen Staatsregierung erstellt und angepasst.

