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Vermarktungsprodukt spirituosen

Vermarktungsprodukt Spirituosen

Merkblattreihe Direktvermarktung Bayern

Stand: 26.09.2025
Aus Früchten vom eigenen Hof entstehen hochwertige Brände, Liköre oder Geiste.
Einleitung
Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe entdecken die Herstellung eigener Spirituosen als Ergänzung zur klassischen Direktvermarktung. Wer alkoholhaltige Erzeugnisse selbst produziert und verkauft, muss dabei eine Reihe rechtlicher Vorgaben einhalten. Diese betreffen unter anderem das Steuerrecht, das Lebensmittelrecht, das Kennzeichnungsrecht sowie spezielle Vorschriften zur Branntweinherstellung.
Zu beachtende Rechtsvorschriften

1. Herstellung von Spirituosen

Was muss ich als Direktvermarkter von Spirituosen beachten?

Wenn Sie selbst brennen wollen:

Wenn Sie (Lohn-)brennen lassen:

  • Nachweis eigener Rohstoffe (z.B. Obst vom Hof, gepachtete Fläche)

  • Vereinbarung mit zugelassener Abfindungsbrennerei

Immer erforderlich – unabhängig vom Brennverfahren:

  • Anmeldung beim Hauptzollamt und Entrichtung der Alkoholsteuer

  • Registrierung als Lebensmittelunternehmer bei der Kreisverwaltungsbehörde

  • Einhaltung der Hygienestandards (Räume, Geräte, Schulungen)

  • Vollständige und rechtskonforme Kennzeichnung der Flaschen

  • Beachtung der Altersgrenzen gemäß § 9 Jugendschutzgesetz (JSchG) sowie der Altersverifikation beim Verkauf (im Geschäft sowie Online): Spirituosen (und spirituosenhaltige Getränke) dürfen nicht an Personen unter 18 Jahren verkauft werden.

Die gewerbliche oder private Herstellung von Alkohol ist in Deutschland nur erlaubt, wenn eine ausdrückliche Brennerlaubnis des Hauptzollamts vorliegt. Für landwirtschaftliche Betriebe gibt es bestimmte Sonderregelungen, die es ermöglichen, kleinere Mengen Alkohol aus hofeigenen Rohstoffen zu gewinnen und im Rahmen der Direktvermarktung abzugeben.

Die „klassische“ Form ist die Abfindungsbrennerei. Sie erlaubt es landwirtschaftlichen Betrieben, jährlich eine begrenzte Menge Alkohol selbst zu gewinnen. Die maximale Menge liegt bei 300 Litern reinem Alkohol pro Jahr. Grundlage für das Abfindungsbrennen ist eine Liste mit zugelassenen Rohstoffen und festgelegten amtlichen Ausbeutesätzen.

Die Erlaubnis zum Abfindungsbrennen an die Person des Brenners gebunden (bis 2018 war sie an den Betrieb gebunden). Sie erlischt automatisch, wenn der Betrieb übergeben, verpachtet oder im Todesfall auf eine andere Person übergeht. In diesen Fällen muss der Übernehmer, Pächter oder Erbe eine neue Brennerlaubnis beim Hauptzollamt beantragen.

Die Erlaubnis zur Abfindungsbrennerei kann sowohl online über das BayernPortal als auch schriftlich per Formular beantragt werden: Alkoholsteuer; Beantragung einer Erlaubnis zum Betrieb einer Abfindungsbrennerei

Für eine Erstbeantragung verlangen die Hauptzollämter in der Regel mindestens 3 ha landwirtschaftliche Fläche, 1,5 ha Obstanlagen oder 1,5 ha Rebfläche. Bei Fortführung eines bestehenden Betriebes kann im laufenden Betrieb unter Umständen auch eine Fläche von ¼ der genannten Mindestfläche ausreichen. Dies ist mit dem Hauptzollamt im Einzelfall abzustimmen. Die Produktion muss angemeldet, die Räumlichkeiten, Gerätschaften und Anlage beim Zoll registriert und genehmigt sein. Neben eigenen Rohstoffen dürfen auch zugekaufte Früchte verarbeitet werden.

Eine weitere Möglichkeit ist die Verschlussbrennerei. Sie ist technisch und rechtlich aufwändiger, da die Brennapparatur verschlossen und mit amtlich gesicherten Messgeräten ausgestattet sein muss. Der Vorteil besteht darin, dass keine Mengenbegrenzung gilt. Dafür sind die Anforderungen an Kontrolle, Dokumentation und Betrieb erheblich höher. Deshalb eignet sich diese Form der Herstellung meist nur für größere oder spezialisierte Betriebe.

Lohnbrennen lassen – Stoffbesitzerbrennen

Wer kein eigenes Brenngerät besitzt, kann als sogenannter Stoffbesitzer Alkohol aus selbstgewonnenen Rohstoffen in einer Abfindungsbrennerei brennen lassen. Erlaubt sind nur bestimmte Ausgangsstoffe wie Obst, Most, Trester, Beeren, Wein oder Wurzeln, sofern sie im Steuergebiet selbst erzeugt oder gesammelt wurden. Als selbstgewonnen gelten auch Erzeugnisse aus eigenem oder gepachtetem Anbau sowie aus Baumpatenschaften oder Wildsammlung.

Beispiel: Ein Apfelbauer mit 1,5 ha Streuobstwiesen gibt sein Obst in eine benachbarte Abfindungsbrennerei. Dort lässt er 50 Liter Apfelbrand erzeugen, den er etikettiert verkauft – als Stoffbesitzer.

Die Erlaubnis muss beim Hauptzollamt beantragt werden. Die Verarbeitung darf ausschließlich in zugelassenen Abfindungsbrennereien erfolgen, in Ausnahmefällen auch in Verschlussbrennereien. Die Jahresmenge ist auf 50 Liter reinen Alkohol begrenzt. Der gewonnene Alkohol wird aus der Menge der Rohstoffe, die zur Alkoholgewinnung eingesetzt wird, und aus einem amtlich festgelegten Ausbeutesatz berechnet.

 

Neuartige Lebensmittel (Novel Food)

 

Insbesondere bei der Verwendung von ungewöhnlichen Kräutern und Gewürzen, z.B. bei der Herstellung von Gin, sollte geprüft werden, ob es sich bei dieser Zutat um ein sogenanntes „neuartiges Lebens­mittel/Novel Food“ handelt. Für neuartige Lebensmittel ist eine offizielle Zulassung notwendig, in deren Rahmen eine Sicherheitsbewertung erfolgt.

 

Als neuartig gelten Pflanzen, Pflanzenteile bzw. Stoffe, die vor dem 15. Mai 1997 in der EU nicht in nennenswertem Umfang als Lebensmittel verzehrt wurden. Hierfür gilt die EU-Verordnung (EU) Nr. 2015/2283 („Novel Food-Verordnung“). Informationen über den Novel Food-Status vieler Lebensmittel finden sich im Novel Food-Status-Katalog der Europäischen Kommission.

2. Alkoholsteuer

Für alle Formen der Spirituosenherstellung fällt Alkoholsteuer an. Die Höhe der Steuer richtet sich nach der Menge des reinen Alkohols und danach, unter welcher Betriebsform die Herstellung erfolgt.

Der Regelsteuersatz beträgt 1.303 Euro pro Hektoliter reinen Alkohols. Abfindungsbrennereien und Stoffbesitzer profitieren von einem ermäßigten Steuersatz in Höhe von 1.022 Euro pro Hektoliter. Kleinere Verschlussbrennereien mit einer Jahresmenge von höchstens fünf Hektolitern zahlen unter bestimmten Voraussetzungen lediglich 730 Euro pro Hektoliter reinen Alkohols.

Hinweis: Auch geringe Mengen sind steuerpflichtig. Eine Befreiung gibt es nicht.

Anmeldung und Entrichtung der Alkoholsteuer können online erfolgen: Online-Verfahren & Formulare

3. Kennzeichnung von Spirituosen

Spirituosen unterliegen strengen Kennzeichnungspflichten. Diese dienen der Information und dem Schutz der Verbraucher. Neben den allgemeinen Vorgaben der Lebensmittelinformationsverordnung (VO (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) sind die besonderen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2019/787 über Spirituosen zu beachten.

Bei der Kennzeichnung von Spirituosen ist unbedingt darauf zu achten, dass die Begriffe und Kategorien gemäß den verbindlichen Spirituosenbezeichnungen der EU verwendet werden. So darf z.B. die Angabe „Obstbrand“ nur verwendet werden, wenn die Spirituose ausschließlich durch Destillation vergorener Früchte gewonnen wurde. Wird dagegen beispielsweise einem Korn zur Aromatisierung Honig zugesetzt, ist die Bezeichnung „Honigbrand“ unzulässig. In einem solchen Fall wäre „Likör mit Honig“ möglich, sofern die Vorgaben an einen Likör erfüllt sind.

Auf dem Etikett müssen bestimmte Pflichtangaben gut lesbar angebracht sein. Dazu zählen insbesondere:

  • Rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung

  • Alkoholgehalt in Volumenprozent (% vol)

  • Nettofüllmenge (Schriftgröße beachten, z.B. bei Flaschen mit 0,2 bis 1 l mind. 4 mm)

  • Name und Anschrift des Lebensmittelunternehmers

  • Los-Nummer

  • ggf. Hinweis auf kennzeichnungspflichtige Allergene

  • ggf. Deklaration eines Farbstoffzusatzes („Mit Farbstoff“)

Die Angaben Bezeichnung, Alkoholgehalt und Nettofüllmenge müssen in einem Sichtfeld erscheinen. Aussagen, die dem Produkt gesundheitsfördernde Eigenschaften zuschreiben – z.B. „stärkend“ oder „gut bekömmlich“ – sind unzulässig. Darüber hinaus sind nährwertbezogenen Angaben (mit Ausnahme einer Reduzierung des Brennwerts oder des Alkoholgehalts) wie z.B. „zuckerfrei“ unzulässig.

Verwenden Sie ausschließlich zulässige Bezeichnungen entsprechend der EU-Verordnung. Bei Unsicherheiten empfiehlt sich eine Rücksprache mit der zuständigen Lebensmittelüberwachung. Fehlerhafte Etiketten können zu kostenpflichtigen Beanstandungen führen. Weiterführende Informationen zur Bezeichnung können den Leitlinien für die Umsetzung bestimmter Kennzeichnungsvorschriften der Verordnung (EU) 2019/787 entnommen werden.

Geographische Angaben

Neben den allgemeinen Kennzeichnungsvorgaben gelten besondere Bestimmungen zur Nutzung geografischer Angaben. Informationen zu eingetragenen geographischen Angaben sind in der Online-Datenbank E-Ambrosia zu finden: https://ec.europa.eu/agriculture/eambrosia/geographical-indications-register/

Zu den bayerischen und deutschlandweiten geographischen Angaben zählen:

  • Bärwurz

  • Bayerischer Bärwurz

  • Bayerischer Blutwurz

  • Bayerischer Gebirgsenzian

  • Bayerischer Kräuterlikör

  • Benediktbeurer Klosterlikör

  • Blutwurz

  • Chiemseer Klosterlikör

  • Deutscher Weinbrand

  • Ettaler Klosterlikör

  • Fränkischer Obstler

  • Fränkisches Kirschwasser

  • Fränkisches Zwetschgenwasser

  • Hüttentee

  • Korn

  • Münchener Kümmel

  • Ostpreußischer Bärenfang

In der jeweiligen Produktspezifikation ist das geografische Gebiet, in dem die Spirituose hergestellt sein muss, und meist auch die Herkunft der Rohstoffe geregelt.

Es besteht eine Registrierungspflicht bei der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), sobald Spirituosen mit geographischen Angaben vermarktet werden.

4. Weitere lebensmittelrechtliche Pflichten

Unabhängig von der Steuerpflicht müssen die allgemeinen Anforderungen des Lebensmittelrechts eingehalten werden. Jeder Betrieb, der Spirituosen herstellt oder verkauft, muss die Anforderungen der VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene erfüllen.

Dazu gehört vor allem die Registrierung bei der Lebensmittelüberwachung an der Kreisverwaltungsbehörde. Ein formloses Schreiben, das die Tätigkeiten beschreibt, reicht hierzu aus, oft kann es auch digital erfolgen.

Damit die Direktvermarktung erlaubt ist, müssen hygienische Mindeststandards erfüllt werden. Dazu zählen u.a.

  • ein Reinigungskonzept für Räume und Geräte

  • Schulungen zur Personalhygiene

  • Dokumentation zur Herstellung und Lagerung

  • Rückverfolgbarkeit der verwendeten Rohstoffe

Beispiel: Ein sauberer Brennraum mit gefliestem Boden, abwaschbaren Wänden und einem Handwaschbecken erfüllt bereits die Grundanforderungen. Auch für Direktvermarkter kann ein einfaches Eigenkontrollsystem sinnvoll sein, z.B. in Form einer kurzen Checkliste oder Dokumentation zur Reinigung und Lagerung.

Die Kontrolle erfolgt in regelmäßigen Abständen durch die Lebensmittelüberwachung. Kontrolliert werden die Betriebsräume und die Dokumentation (z. B. Eigenkontrollen).

5. Vermarktungswege und Verpackungsgesetz

Die Herstellung und Direktvermarktung von Spirituosen bietet interessante wirtschaftliche Perspektiven. Gleichzeitig erfordert sie eine genaue Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Wichtig ist eine frühzeitige Abstimmung mit dem Hauptzollamt und der Lebensmittelüberwachung.

Hinweis zu Verkaufswegen: Spirituosen können im Hofladen, auf Märkten oder im Online-Shop verkauft werden. Beim Onlineverkauf sind Altersverifikation und Versandvorgaben sowie verpflichtende Kennzeichnungsangaben im Fernabsatz zu beachten. Für den Verkauf über einen eigenen Onlineshop müssen geeignete Altersprüfungsmechanismen (z.B. Ausweisscan) eingesetzt werden. Auch Paketdienste müssen eine Alterskontrolle bei Übergabe durchführen.

Hinweise zum Verkauf von Alkohol über Automaten finden Sie im Merkblatt Vermarktungsweg Warenautomat.

Hinweis zu Verpackungen: Wer Spirituosen in verkaufsfertigen Verpackungen (z. B. Flaschen mit Etikett) abgibt, muss sich gemäß Verpackungsgesetz (VerpackG) im Verpackungsregister LUCID registrieren und sich an einem System zur Rücknahme und Verwertung beteiligen.

Hinweise zu Verpackungen finden Sie im Merkblatt Einzel- und Mehrwegpackungen.

Sonstiges
Hinweise

Formulare, Merkblätter und Online-Dienste finden Sie auch auf der Internetseite des Zolls unter www.zoll.de

Beratung: Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) oder zuständige Kreisverwaltungsbehörde

Die bereitgestellten Informationen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird empfohlen, sich für eine betriebsindividuelle Beratung direkt an die zuständigen Behörden vor Ort zu wenden.

Die Merkblattreihe Direktvermarktung wird in Abstimmung mit den jeweils zuständigen Ministerien der Bayerischen Staatsregierung erstellt und angepasst.