Nachhaltige Bewässerung bei fortschreitendem Klimawandel
Beauftragter für Bürokratieabbau lädt zum Praxis-Check Bewässerung nach Haidlfing ein
07.09.2022
Wie können wir Nahrungsmittel bei fortschreitendem Klimawandel anbauen, ohne die Grundwasserreserven durch die Entnahme von Bewässerungswasser zu stark zu belasten?
Dieser Frage ging der Beauftragte für Bürokratieabbau Walter Nussel beim Praxis-Check Bewässerung nach, zu dem er Betriebsinhaber, Vertreter aus Politik, Landwirtschafts- und Umweltverwaltung sowie verschiedene Wasser- und Bodenverbände auf den Betrieb Sagstetter nach Haidlfing eingeladen hat.
Bei der Feldbegehung erläuterten die Betriebsinhaber die verschiedenen Bewässerungstechniken sowie deren Besonderheiten beim Einsatz in unterschiedlichen Kulturen.
Im Mittelpunkt der anschließenden Podiumsdiskussion standen drei Themen:
- der Genehmigungszeitraum für die Entnahmeerlaubnis von Bewässerungswasser,
- die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Entnahmemenge und
- die Gründung von Wasser- und Bodenverbänden.
Nach langjähriger Praxis wurde eine Entnahmeerlaubnis für Bewässerungswasser in der Regel für mindestens 10 Jahre genehmigt. Aufgrund des Klimawandels ändern sich die Grundwasserneubildungsraten, wodurch die Grundwasserpegel sinken. Um die Grundwasservorkommen zu schützen und die Entnahmen zeitnah an die sich verändernden Grundwasserneubildungsraten anzupassen, soll die Entnahmeerlaubnis für Bewässerungswasser zukünftig auf 5 Jahre begrenzt werden. Dies bedeutet in der Praxis allerdings eine Verdoppelung des bürokratischen Aufwands sowohl für Genehmigungsbehörden als auch für Landwirte.
Für die Berechnung der Entnahmemenge werden derzeit nur selbst bewirtschaftete Flächen herangezogen, die sich im unmittelbaren Umfeld des zur Grundwasserentnahme verwendeten Brunnens befinden. Liegen die Flächen eines Betriebs zersplittert in mehreren Grundwassereinzugsgebieten, können u.U. nicht ausreichend Flächen nachgewiesen werden, um die nötige Wassermenge für den Anbau auf in der Fruchtfolge rotierenden Flächen zu erhalten. Die Wasserentnahme ist zudem auf 30 % der Grundwasserneubildungsrate begrenzt. Für Betriebe, die einen hohen Anteil bewässerungswürdiger Kulturen oder fehlende Flächenbestände im Grundwassereinzugsgebiet haben, reichen die genehmigten Wassermengen jedoch häufig nicht aus.
Ein Wasser- und Bodenverband zu Bewässerungszwecken in der Land- und Forstwirtschaft ist ein Zusammenschluss von Grundstückseigentümern und Landwirten, die die Förderung und die Verteilung von Bewässerungswasser in Selbstverwaltung übernehmen. Sie organisieren selbst, wer und wofür die genehmigten Wassermengen verwendet werden. Für die Wasserwirtschaftsverwaltung gibt es damit nur einen Ansprechpartner statt vieler Einzelantragsteller. Dies trägt zum Bürokratieabbau bei.
Nach aktueller Rechtslage dürfen Wasser- und Bodenverbände in Bayern zu Bewässerungszwecken nur gegründet werden, wenn das bewirtschaftete Wasser aus Oberflächengewässern, natürlichem Niederschlag oder aus Uferfiltrat stammt. Die Nutzung von Grundwasser ist ausgeschlossen. Damit wird die Gründung von Wasser- und Bodenverbänden in Bayern und die Schaffung überregionaler Bewässerungsinfrastrukturen erschwert.
Die Hintergründe dieser Auflagen und deren Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion wurden im Teilnehmerkreis intensiv diskutiert und konkrete Lösungsansätze herausgearbeitet:
- Die Begutachtungs- und Genehmigungspraxis kann u.U. großzügiger gehandhabt werden, wenn eine entsprechende Datenbasis für den jeweiligen Grundwasserkörper vorliegt.
- Im aktualisierten, noch zu veröffentlichenden Mustergutachten der Umweltverwaltung wird bei ausreichender Datenbasis der strenge Flächenbezug zum Brunnen aufgehoben.
- Die gesetzgeberische Möglichkeit der Gründung von Wasser- und Bodenverbänden bei anteiliger Grundwassernutzung soll überprüft werden.
„Auf regionaler Ebene muss es weiterhin Gespräche geben. Denn unterschiedliche Gebiete – in Nutzung, Niederschlagshäufigkeit und Bodenbeschaffenheit – erfordern unterschiedliche Lösungen“, so das Fazit von Walter Nussel. Die Zeitdauer, bis konkrete Grundwasserbilanzierungen vorliegen, dürfe aber nicht zulasten der Landwirte gehen. Hier müssten ausreichende Übergangslösungen geschaffen werden – auch bei einer wasserwirtschaftlichen Neubewertung der Lage vor Ort. Und der Beauftragte für Bürokratieabbau versprach: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Gründung von Wasser- und Bodenverbänden auch für die Grundwassernutzung möglich ist.“